Pfarrer erfüllt großen Traum: Damien (14) darf die Glocken im Turm aus der Nähe sehen

Damien Nelson ist 14 Jahre alt, er kann nicht selbst laufen – aber seine Neugierde ist ungebremst. Und weil er unbedingt zu den Glocken im Kirchturm von St. Josef im Regensburger Reinhausen wollte, wurde er nun 142 Treppenstufen hinaufgetragen.
 

Das Lachen des 14-jährigen Damien Nelson hallt durch den Kirchturm. Sein Stiefvater Andreas Holzer und sein Onkel Thomas Reichenberger wechseln sich ab, den Jungen die 142 steilen Treppen des Kirchturms der katholischen Kirche St. Josef in Reinhausen hinaufzutragen.

Es ist eine wacklige Angelegenheit für den Jungen aus Kastl, der sich so gut es geht an die Männer klammert und dabei großen Spaß hat. Wie schwer er ist, will Damien nicht verraten. „Das ist Privatsache“, sagt er verschmitzt. Selbst laufen kann er leider nicht. Er hat eine spastische Lähmung, sitzt im Rollstuhl und besucht in Regensburg das Pater-Rupert-Mayer-Zentrum. Doch sein Wissensdurst ist ungebremst. Aktuell haben es ihm die Glocken von St. Josef angetan.

 

Zur Therapie kommt er regelmäßig in das an St. Josef angrenzende Kinderzentrum St. Martin der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V. Zeitgleich, um 17 Uhr lädt Pfarrer Josef Eichinger mit Glockengeläut zum Rosenkranz-Gebet. „Mein Freund war schon oben“, sagt Damien. Was er von ihm rund um die Glocken erfahren hat, hat ihn neugierig gemacht. Er will auch hoch und löchert seine Therapeutin Luica Neppl mit Fragen. „Sein Interesse war so groß, da habe ich einfach beim Pfarrer angefragt“, sagt sie. „Es war sein größter Wunsch, einmal die Glocken aus der Nähe zu sehen.“

Ohne lange zu überlegen, sagte Pfarrer Josef Eichinger zu. „Das sind Wünsche, die nichts kosten und die man erfüllen kann“, betont er. „Es kostet nur unser Dasein und Mitmachen.“ Im Gottesdienst berichtete er von Damien und konnte so zwei weitere Männer gewinnen, beim Tragen behilflich zu sein. „Wir wussten vorher nicht, ob es geht, aber wir wollten es in jedem Fall versuchen.“ Bei dem Aufstieg dabei ist auch die Therapeutin Lucia Neppl und der Arzt Wolfgang Wittmann aus dem Kinderzentrum St. Martin. Alle wollten miterleben, wie Damien die Glocken im Turm zu sehen bekommt.

57 Meter ist der Kirchturm hoch, aber der Stiefvater und der Onkel schaffen es, den Jungen den schmalen Aufgang und vor allem das letzte Stück durch die Klappe sicher nach oben zu bekommen. Man muss klettern und sich an den Stahlträgern festhalten, um bis zu den Glocken durchzukommen. Oben angekommen, steht Damien zunächst der Mund offen. Es sind vier große Glocken, die nach dem zweiten Weltkrieg gegossen wurden und eine kleine Glocke aus dem Jahr 1907. Pfarrer Josef Eichinger hält immer die Uhrzeit im Blick, denn das Glockengeläut zur vollen Stunde wäre zu laut für Besucher im Turm.

Er zeigt Damien dann noch den riesigen Klöppel einer Glocke und aufgeregt bittet der Junge darum, selbst einmal die Glocken schlagen zu dürfen. Schon das ist laut und im Glockenturm müssen sich alle die Ohren zuhalten. Damien hat Kopfhörer auf, um sich zu schützen.

Beim Abstieg lässt der Pfarrer ihn einen Blick auf den Dachboden der Kirche werfen. Von dort aus sieht man die Kuppel von St. Josef von oben. Unten in der Sakristei überrascht der Pfarrer den Jungen damit, dass er die Glocken läuten darf.

So mancher in Reinhausen dürfte verwundert auf die Uhr geblickt haben, als um 16.20 Uhr das Glockengeläut ertönte. „Was ist Ihre Lieblingsglocke?“, will Damien vom Pfarrer wissen und der nennt die Glocken des Doms. So wurde für Damien ein neuer Wunsch geboren: Nun will er einmal die Glocken des Doms erleben.

MZ vom 10.11.2023